Lehrer Ulrich,
mit ernster Miene,
verkündete die neuesten
Prüfungstermine.
Die Schüler zu quälen
machte ihm den größten Spaß,
aber noch mehr freute er sich,
wenn er die schlechten Noten verlas.
Die Kinder litten,
doch ihnen half kein Bitten.
Ulrich, der war
ohne Gnade
und zog ob der Frechheit
den Rohrstab aus der Lade.
Warum er so gemein war,
wusste keiner genau -
niemand außer seiner
lieben Frau.
"Ulrich," sagte sie,
"musst du die Kinder so schinden?
Willst du dich nicht zu mehr
Barmherzigkeit überwinden?"
Der Lehrer mit seinen
buschigen Augenbrauen,
wollte beim Gehörten
seinen Ohren kaum trauen.
"Mein Lehrer Albrecht
war noch viel schlimmer,"
stellte er fest und
ging Runden im Zimmer.
"Für die Kinder will ich doch
nur das Beste!
Und das geht nur,
wenn ich sie laufend teste!"
In dieser Nacht schlief
Ulrich schlecht,
träumte er doch
von Lehrer Albrecht.
Mit tiefer Stimme
und grauem Gesicht
sagte er "Braver Ulrich,
jetzt bist du wie ich!"
Ulrich sah sich als Kind,
in der Schule sitzen
und verängstigt
seinen Bleistift spitzen.
Albrecht rief ihn
zum Lehrertisch.
Ulrich hatte Angst,
er war ganz außer sich.
Am nächsten Tag
wurde Ulrich klar,
dass er immer mehr zu Albrecht wurde,
von Jahr zu Jahr.
Er musste was ändern,
das sah er ein,
denn so wie Albrecht
wollte er selbst ja nie sein.
Von da an begannen ihn
die Kinder zu ehren,
denn er ließ das mit der Angst
und begann sie zu lehren.
Und das Gelernte
stellten die Kinder
nun gerne zur Schau,
denn der Ulrich
nahm's mit den Noten
nicht mehr ganz so genau.
aus dem Gedichteband "Menschen:Kinder" von Gernot Bluemel, 2011,
"Menschen:Kinder ist eine Sammlung von Gedichten zum Nachdenken und Lachen. Mit feinem schwarzem Humor und treffendem Ausdruck bringt Gernot Bluemel menschliche Schwächen und, wenn man danach handelt, ihre Folgen ans Licht, und entführt gekonnt und mit spitzer Feder ins Reich der satirischen Prosa."
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