Donnerstag, 6. November 2014

Ein paar kritische Gedanken zur Zentralmatura.

Wie ihr wahrscheinlich wisst, gebe ich Nachhilfe in Englisch und Französisch. Zwangsläufig muss ich mich dadurch mit Unterrichtsmethoden von Lehrern an diversen Schulen, mit den Problemen, die die Schüler damit haben und seit kurzem auch mit den Unannehmlichkeiten der Zentralmatura auseinandersetzen. Anfangs stand ich da wie die Kuh vorm neuen Tor. Und scheinbar ging es den Lehrern genauso, denn ich hatte mit der Zeit den Eindruck, dass sie nicht wussten, wie sie ihren Schülern das neue System erklären sollten. Und Fakt ist - sie wissen es bis heute nicht.
Das ist aber nicht der Punkt. Nicht nur, dass Schüler von heute auf morgen plötzlich Sprachkompetenzen haben sollen, die sich nicht innerhalb von so kurzer Zeit erlernen lassen, nein - der Punkt ist, dass es mit diesem Beurteilungssystem in eine Richtung geht, die meiner Meinung nach mehr als bedenklich ist. 
Soweit ich das verstanden habe, werden nun bei Schularbeiten und in Folge auch bei der Matura keine Themenbereiche mehr vorgegeben (zu denen man sich gezielt vorbereiten kann, Vokabel lernt, Texte schreibt etc.), sondern "es kann alles kommen". Weniger das Verständnis für Grammatik und die Fähigkeit, Texte zu produzieren, wird abgefragt, sondern es geht um ein komplexes Text-, Hör- und Leseverständnis, wofür man ein sehr feines Sprachgefühl, ein beinahe allumfassendes Vokabelwissen und einen detektivischen Spürsinn mitbringen sollte. 

Und nun stelle man sich den klassischen, faulen Schüler von heute vor, der jahrelang mit einem Minimum an Aufwand durch die Schulstufen gewandelt ist, der vielleicht nicht mal ansatzweise ein sprachliches Talent hat, sondern viel lieber Mathe macht, in Sport extrem gut ist oder sich für ganz was anderes interessiert. Wie soll der plötzlich und innerhalb von so kurzer Zeit, ohne wirklich darauf hintrainiert worden zu sein, eine solche Leistung erbringen? 

Worauf ich hinaus will, ist aber Folgendes - und diesen Gedanken möchte ich einfach mal so im Raum stehen lassen: Warum müssen sich Schüler, die womöglich kein Talent in eine gewisse Richtung haben, mit dem Erlernen von Kompetenzen abmühen, die sie nicht einmal interessieren oder für das "richtige Leben" etwas bringen, anstatt dass sie dort gefördert werden, worin sie gut sind, und ihre Zeit darauf verwenden dürfen?

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